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Fünf neue DIN-Normen für den Digitalen Produktpass – Fundament für Transparenz und Nachhaltigkeit
By: Christian Günther
Jul 24, 2025 12:01:35 PM

Die digitale und nachhaltige Transformation der europäischen Wirtschaft nimmt Fahrt auf – angetrieben unter anderem durch den Digitalen Produktpass (DPP). Mit diesem Instrument verfolgt die Europäische Union das Ziel, Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu schaffen, die Kreislaufwirtschaft zu fördern und umweltrelevante Informationen für Produkte digital verfügbar zu machen.
Ein wichtiger Meilenstein auf diesem Weg ist die Veröffentlichung von fünf neuen Normungsentwürfen durch das Deutsche Institut für Normung (DIN). Sie legen die technischen Grundlagen für die Umsetzung des DPP in Europa und speziell auf dem deutschen Markt.
Der Digitale Produktpass: Mehr als nur ein Etikett
Der Digitale Produktpass soll zukünftig für zahlreiche Produktgruppen verpflichtend werden. Er macht zentrale Informationen wie Herkunft, Materialzusammensetzung, Reparaturfähigkeit und Umweltauswirkungen digital verfügbar und maschinenlesbar.
Damit der DPP grenzüberschreitend funktioniert, braucht es eine gemeinsame technische Sprache. Diese liefern die neuen Normungsentwürfe des DIN. Sie schaffen die Voraussetzungen für eine standardisierte, interoperable und rechtssichere Umsetzung des DPP.
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Die fünf DIN-Normen im Überblick
Norm |
Schwerpunkt |
Zielsetzung |
Relevanz für den DPP |
DIN EN 18216 |
Protokolle zum Datenaustausch |
Regelt sichere und interoperable Kommunikationsprotokolle für DPP-Daten |
Fundament für den reibungslosen, standardisierten Datentransfer zwischen allen Akteuren entlang der Wertschöpfungskette |
DIN EN 18219 |
Eindeutige Kennungen |
Definiert Anforderungen an Produkt- und Komponenten-Identifikatoren |
Ermöglicht Rückverfolgbarkeit, Authentizität und eindeutige Zuordnung im DPP-System |
DIN EN 18220 |
Datenträger |
Legt physische und digitale Trägerformen für DPP-Informationen fest |
Verbindet das physische Produkt mit seiner digitalen Repräsentation (z.B. QR-Code, RFID) |
DIN EN 18222 |
Programmierschnittstellen (APIs) |
Standardisiert APIs für Lebenszyklusmanagement und Datenzugriff |
Erlaubt automatisierte, sichere und flexible Integration in IT-Systeme und Plattformen |
DIN EN 18223 |
System-Interoperabilität |
Behandelt die übergreifende Interoperabilität zwischen DPP-Systemen |
Sichert, dass verschiedene Systeme und Plattformen nahtlos zusammenarbeiten |
Warum ist DIN EN 18219 besonders wichtig?
Alle fünf Normen bilden gemeinsam ein kohärentes System – jede trägt zum Gelingen des Digitalen Produkt Passes bei. Dennoch lässt sich aus Sicht der regulatorischen und technischen Mindestanforderungen eine Priorisierung ableiten:
Die DIN EN 18219 – „Eindeutige Kennungen“ ist für die Grundfunktionalität des DPP besonders kritisch. Die eindeutige Identifikation jedes Produkts ist das Rückgrat des DPP-Systems:
- Sie ermöglicht die eindeutige Verknüpfung eines physischen Produkts mit seinem digitalen Pass.
- Die Anforderungen an diese Produkt-IDs sind in der EU-Verordnung explizit festgelegt und Voraussetzung für alle weiteren DPP-Funktionen wie Datenzugriff, Rückverfolgbarkeit und Interoperabilität.
- Ohne eine standardisierte, interoperable Kennung könnten weder Daten sicher ausgetauscht noch regulatorische Vorgaben erfüllt werden.
Ohne diese Basis wäre ein funktionierender DPP nicht realisierbar.
Warum sind diese Normen von hoher Relevanz?
- Einheitlicher Rahmen für alle Akteure
Die Normungsentwürfe schaffen einen gemeinsamen technischen Nenner für Hersteller, Händler, Recycler und Behörden. Sie ermöglichen die sektorenübergreifende Zusammenarbeit und sorgen dafür, dass Produktdaten durchgängig, maschinenlesbar und vergleichbar sind. - Katalysator für Digitalisierung und Nachhaltigkeit
Mit dem DPP und den zugrundeliegenden Standards wird die digitale Bereitstellung von Produktinformationen zur Pflicht. Das fördert nicht nur Transparenz und Nachhaltigkeit, sondern eröffnet auch neue Geschäftsmodelle und Effizienzpotenziale – etwa durch automatisierte Feedbackprozesse oder bessere Marktüberwachung. - Erfüllung politischer und rechtlicher Anforderungen
Die EU-Ökodesignverordnung (ESPR) und weitere Richtlinien machen den DPP für viele Produktgruppen verpflichtend. Die Normen des DIN und DKE sind die technische Voraussetzung, um diese Vorgaben fristgerecht und praxisnah umzusetzen. - Zukunftssicherheit und Innovationsfähigkeit
Durch die Standardisierung wird ein interoperables Ökosystem geschaffen, das auch zukünftige Anforderungen und Innovationen aufnehmen kann. Unternehmen können so frühzeitig ihre Prozesse und Produkte anpassen und sich Wettbewerbsvorteile sichern.
Das DIN/DKE-Gemeinschaftsgremium als Schlüsselakteur
Für den deutschen Markt kommt dem DIN/DKE-Gemeinschaftsgremium Digitaler Produktpass eine zentrale Rolle zu. Es koordiniert die nationale Meinungsbildung, bündelt Erfahrungen aus Projekten wie Catena-X oder Manufacturing-X und vertritt die deutschen Interessen in den europäischen Normungsgremien.
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Mehr Informationen zum Digitalen ProduktpassWir zeigen, wie Unternehmen den Digitalen Produktpass erfolgreich einführen – verständlich, praxisnah und mit der passenden Technologie.
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Bedeutung des Gremiums:
- Nationale Spiegelung europäischer Normung: Das Gremium sorgt dafür, dass die Arbeiten des europäischen Joint Technical Committee „Digital Product Passport“ auf nationaler Ebene gespiegelt und die deutschen Interessen gezielt vertreten werden.
- Koordination und Bündelung: Es bündelt die Erkenntnisse aus Umsetzungsprojekten (wie Catena-X, Manufacturing-X) und bringt sie in die Normungsdiskussion ein, um praxisnahe und sektorenübergreifende Lösungen zu fördern.
- Interessenvertretung: Durch die enge Zusammenarbeit von DIN und DKE wird sichergestellt, dass die spezifischen Anforderungen und Herausforderungen des deutschen Marktes in die europäischen und internationalen Standards einfließen.
- Rahmen für Interoperabilität: Das Gremium arbeitet an einem Rahmenwerk, das die Interoperabilität von DPP-Lösungen sicherstellt und so die Grundlage für einen funktionierenden, vergleichbaren und international anschlussfähigen Produktpass schafft.
- Praxisnahe Ausgestaltung: Durch die breite Einbindung verschiedener Fachleute und Stakeholder wird gewährleistet, dass die Normen nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch umsetzbar und flexibel anwendbar sind
Durch die aktive Einbindung von Stakeholdern wird sichergestellt, dass die Normen nicht nur technisch fundiert, sondern auch umsetzbar und wirtschaftlich tragfähig sind.
Fazit
Die neuen DIN-Normungsentwürfe schaffen das technische Fundament für den Digitalen Produkt Pass in Deutschland und Europa. Besonders DIN EN 18219 – mit Fokus auf eindeutige Kennungen – gilt als Dreh- und Angelpunkt für alle weiteren DPP-Funktionalitäten, da ohne eindeutige Identifikation alle weiteren DPP-Prozesse (Datenaustausch, Lebenszyklusmanagement, Interoperabilität) nicht funktionieren können. Die anderen Normen – etwa zu Datenträgern, APIs, Systeminteroperabilität und Datenaustauschprotokollen - bauen auf dieser Basis auf und sind für eine vollständige, skalierbare und zukunftssichere DPP-Umsetzung ebenfalls unerlässlich, aber ohne die eindeutige Kennung nicht wirksam einsetzbar.
Für Unternehmen bedeutet das: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, sich mit den kommenden Anforderungen auseinanderzusetzen und die Weichen in Richtung Digitaler Produktpässe zu stellen. Die Normen bieten nicht nur Sicherheit im Umgang mit regulatorischen Vorgaben – sie sind auch der Schlüssel für eine transparente, nachhaltige und digitale Wertschöpfung der Zukunft.
Sprechen Sie uns an!
Christian Günther
Senior Portfolio Manager
Produktmanager twinsphere
Kontakt
Weitere Informationen:
Ausführliche Inhalte sowie Beteiligungsmöglichkeiten finden Sie auf der offiziellen DIN-Webseite:
👉 https://www.din.de/de/mitwirken/normenausschuesse/nia/digitaler-produktpass